Politische Psychologie des Antisemitismus
Von
Tobias Jaecker
Die Wurzeln der Politischen Psychologie
des Antisemitismus liegen vor allem in der Kritischen Theorie der
"Frankfurter Schule" und damit in der psychoanalytischen und marxistischen
Theorie.
Die Politische Psychologie untersucht die
subjektiven (psychischen) Bedingungen des Antisemitismus ebenso wie die
gesellschaftlichen Bedingungen sowie deren Verhältnis zueinander.
Kritische Theorie über den Antisemitismus
Die Kritische Theorie geht von einer
repressiven Dialektik der modernen Vergesellschaftung aus, die
Autoritarismus im Innersten der sozialen Subjekte befördert und sie ihrer
Autonomie beraubt. An die Stelle von unabhängigem Bewusstsein und Gewissen
treten autoritär-aggressive Charakterdispositionen und stereopathische
Mentalitäten. Das Subjekt verfügt mithin über eine ausgesprochene
Ich-Schwäche, die mit der autoritaristischen Anerkennung jeglicher gegebener
Ordnung einhergeht. Als Reaktion auf die politischen, ökonomischen und
sozialen Entwicklungen und Verhältnisse greifen die autoritär zugerichteten
Subjekte (in den Worten Theodor W. Adornos: die "autoritären Charaktere")
auf antisemitische Vorurteilsbilder zurück. Die herrschenden Verhältnisse
dagegen lassen sie unhinterfragt.
Der moderne Antisemitismus, der auf dem
traditionellen christlichen Antijudaismus aufbaut, wird zur
geschichtsmächtigen ideologischen Denkform und Welterklärung, zur
rationalisierten Paranoia mit psychosozialen Funktionen. Denn für den
"modernen" Antisemiten repräsentieren die Juden nicht mehr nur den äußeren
Feind, den Fremden, sondern ebenso die undurchschaubare widersprüchliche
kapitalistische Moderne und die gesellschaftlich nur unzureichend
verwirklichten Ideen von Freiheit, Gleichheit und Emanzipation. Oder, in den
Worten Horkheimers und Adornos: Glück ohne Macht, Wohlstand ohne Arbeit,
Heimat ohne Grenzstein, Religion ohne Mythos. Die Juden scheinen, z.B. als
Bankiers und Intellektuelle, von den Zwängen der Arbeit befreit zu sein. Als
angebliche Profiteure des Kapitalismus werden sie für dessen Auswüchse und
Übel verantwortlich gemacht. Juden und ihre Allmacht werden überall
vermutet. Auf die Juden werden verdrängte, verhasste und destruktiv
verzerrte Wünsche nach Macht- und Triebentfesselung projiziert, Wünsche nach
Glück, Freiheit und Sexualität. Diese Projektion gelingt gerade deshalb,
weil die bürgerlich assimilierten Juden äußerlich nicht als Juden erkennbar
sind. Mit der Realität hat das ideologische Bild vom Juden nichts mehr zu
tun.
Die Bedeutung der Ich-Schwäche
Die Abgrenzung gegenüber den Juden verspricht
eine kollektive Selbstaufwertung der ich-schwachen Individuen. Die
Kritischen Theoretiker beziehen sich hier auf die Freudsche Theorie des
Subjekts und konstatieren beim Antisemiten eine unzulängliche
Internalisierung des Über-Ichs, der (väterlichen) Autorität und damit eine
gescheiterte Ich-Bildung (Freuds Theorie wird dabei durchaus kritisch
gesehen, Erich Fromm z.B. betont den repressiven Charakter dieser
Verinnerlichung). Das narzisstische Verlangen nach Allmacht, das destruktive
Streben kann so über die ödipale Phase hinaus fortleben. Das Subjekt ist auf
Grund seiner Ich-Schwäche weiterhin von äußeren Autoritäten abhängig und
entwickelt unter dem gesellschaftlichen Druck eine bedrängende Angst vor
Abweichung. Es wird von unbewussten Schuldgefühlen getrieben, muss
unliebsame Es-Ansprüche verleugnen und diese aggressiv verdrängen. Da das
autoritäre Subjekt die Unterscheidungsfähigkeit zwischen Ich und Außenwelt
verliert, richtet es seine unverarbeiteten Aggressionen überwiegend direkt
nach außen, auf den Anderen, den Juden, der die verhassten und verleugneten
Selbstanteile zu repräsentieren scheint. Nur im Sinne dieser projektiven
"Ersatzverschiebung" (Otto Fenichel) fungieren die Juden als "Sündenböcke".
Eine große Bedeutung wird hier der
frühkindlichen Autonomieentwicklung zugeschrieben. Christel Hopf macht dem
entsprechend Störungen der sozialen Beziehungen im Kindesalter sowie die
Abwesenheit verbindlicher Bindungen und Zuwendungen für die Entwicklung
autoritärer Züge verantwortlich. Paul Parin betont die Notwendigkeit einer
"natürlichen" Autorität der Eltern, an der sich der Jugendliche quasi
abarbeiten müsse, um ein gesundes Selbstwertgefühl zu erlangen. Der
Kritischen Theorie nach können die innerfamiliären Verhältnisse jedoch nicht
isoliert betrachtet werden, da sie letztlich mehr oder weniger durch die
gesellschaftlichen Verhältnisse bestimmt werden. Demnach entspricht der
familialen Autorität des Vaters im entwickelten Kapitalismus keine
gesellschaftliche bzw. ökonomische Machtposition mehr. Das Kind kann sich
schon deshalb nicht wahrhaft mit dem Vater identifizieren und erhält
vielmehr die abstrakte Vorstellung einer willkürlichen Macht. Dadurch
entwickelt sich ein veräußerlichtes Über-Ich und ein schwaches Ich. An die
Stelle einer rationalen Vermittlung von Realität, Über-Ich und Es durch das
Ich können pathische, d.h. der Ich-Kontrolle entzogene Projektionen treten,
die zu wahnhaften Vorurteilen führen. Der Autoritarismus geht also
wesentlich aus den gesellschaftlichen Verhältnissen hervor und kann
keinesfalls nur als individuelle (oder gar pathologische) Abweichung von der
bürgerlichen Subjektivität verstanden werden.
Die Auswirkungen moderner
Vergesellschaftung
Die Dialektik der bürgerlichen Subjektivität
steht laut Kritischer Theorie immer in der Gefahr, in antisemitische
Subjektivität und Ideologie umzuschlagen. Denn die moderne
Vergesellschaftung erfordert die totale Anpassung des Subjekts unter die
Ideologie der Selbsterhaltung. Das Wirkliche erscheint als natürlich und
vernünftig. Alles wird austauschbar und erhält Warencharakter. Was scheinbar
keinen Wert mehr hat, fällt heraus. Auch die sozialen Beziehungen werden
verdinglicht. Das bürgerliche Subjekt verliert seine Autonomie. Im Gegenzug
nimmt die soziale Kontrolle durch Schule, "peer groups", Massenmedien,
soziale Organisationen und den Staat zu. Die Vorurteilsbilder des modernen
Antisemitismus, die vagen Ressentiments, die ein Anderes, der Gesellschaft
Fremdes konstruieren, können unter diesen Voraussetzungen durch politische
Institutionen, populistische Agitation und soziale Krisen aktiviert und
verstärkt, in massenpsychologische Regression und judeophoben Wahn
transformiert und somit wirkungsmächtig werden.
Moishe Postone
bezieht sich bei seiner Erklärung des Antisemitismus fast ausschließlich auf
die Marx'sche Kritik der politischen Ökonomie. Er sieht die Besonderheit des
modernen Antisemitismus in seinem systemartigen Charakter und dem Anspruch
auf Welterklärung. Postone verweist auf die gleichzeitige Verbreitung des
modernen Antisemitismus mit der Entwicklung des industriellen Kapitalismus
und zeigt auf, dass ausschließlich das Handels-, nicht aber das
Industriekapital zum Objekt antisemitischer Angriffe geworden ist. Das
Handels- und Finanzkapital, also die Zirkulationssphäre der kapitalistischen
Vergesellschaftung, sei von Beginn an mit dem Judentum personifiziert worden
– auf Grund der historischen Ausgrenzung und Sonderstellung der Juden, die
vielen einen gesellschaftlichen Aufstieg im Zusammenhang mit der
Durchsetzung der kapitalistischen Gesellschaft ermöglichte. Postone weist
(anknüpfend an Marx’ Begriff des Fetischs) nach, dass die
antikapitalistische Variante des Antisemitismus einseitig das Abstrakte, das
"parasitäre", "raffende" Finanzkapital angreift und es in einen Gegensatz
zum "natürlichen", "organischen" und "schaffenden" Industriekapital stellt.
Der Doppelcharakter des Kapitals als Arbeits- und Verwertungsprozess wird
dabei verkannt. Die Juden erscheinen als Personifikation des Kapitalismus
schlechthin. Zudem falle die Expansion des Industrikapitalismus mit der
Emanzipation der Juden zusammen, wodurch sich die Darstellung der Juden als
Profiteure noch leichter realisieren lasse.
Stärker noch als Postone knüpft
Detlev Claussen an die
Traditionslinie der Frankfurter Schule an. Er kritisiert die "fatale
Illusion" eines "ewigen" Antisemitismus und betont die von Adorno
vernachlässigte spezifische historische Differenz. Claussen unterscheidet
dabei noch stärker zwischen einem traditionellen und dem modernen
Antisemitismus. Zu letzterem gehöre nicht das Pogrom, sondern das
Versprechen darauf. Für Claussen ist der Antisemitismus den
gesellschaftlichen Verhältnissen seit der Aufklärung eingeschrieben und zu
einer "Alltagsreligion" geworden. Die Barbarei von Auschwitz markiere die
"Grenzen der Aufklärung". Nach Auschwitz sei der Antisemitismus des
"faschistischen Tickets" (diesen Begriff übernimmt er von Horkheimer/Adorno)
durch den Philosemitismus (in Westdeutschland) bzw. den Antizionismus (in
Ostdeutschland) ersetzt worden. Claussen hält es im Sinne der Kritischen
Theorie für notwendig, die objektiven Bedingungen mit dem Prozess der
Subjektkonstitution zu vermitteln. Von psychologistischen Sichtweisen wie
etwa bei Ernst Simmel (der vom Antisemitismus als Massen-Psychose spricht)
grenzt er sich dabei ab: Die Neurose isoliere, die Psychose mache fast
handlungsunfähig, der Antisemit dagegen handele. Claussen ist zu Gute zu
halten, dass er nicht auf eine Handlungsperspektive verzichtet. So müsse
Aufklärung darauf hinarbeiten, die antisemitischen Zuschreibungen in
kritischer Reflexion aufzulösen und auf die Triebkonflikte der Individuen
und die realen gesellschaftlichen Verhältnisse im Tausch zurückzuführen.
Auch Elisabeth Brainin betont die Bedeutung
der gesellschaftlichen Strukturen und Bedingungen für die Entstehung
antisemitischer Persönlichkeiten. Die Produktionsformen entfremdeter Arbeit
ließen Sublimierung und Triebbefriedigung nicht zu und verstärkten dadurch
regressive Tendenzen wie die Befriedigung von Omnipotenz- und
Allmachtswünschen. Die psychische Struktur des Antisemiten werde von einer
ausgeprägten Triebhemmung und Gefühlsabwehr bestimmt. Brainin hat keine
schlüssige Erklärung dafür, warum ausgerechnet der Jude zum Feind wird. Sie
vermutet jedoch, dass es gerade die "unheimliche" Vertrautheit der Juden
sei, die sie für den Antisemiten in besonderem Ausmaß zur Projektionsfläche
unbewusster, verdrängter Strebungen prädestiniere.
Besonderheiten der deutschen Geschichte
Lars Rensmann kritisiert die These der
Frankfurter Schule, dass es keinen spezifischen deutschen Antisemitismus
gegeben habe, und verortet hier den "eigentlich blinden Fleck der Kritischen
Theorie". Die Frankfurter Schule habe es weit gehend versäumt, den
Besonderheiten der deutschen politischen Kultur und Geistesgeschichte, ihrer
Mentalitätsbestände und spezifischen Vorurteilstraditionen Rechnung zu
tragen. Die dominanten Traditionen in der deutschen politischen Kultur wie
die geistesgeschichtliche Ablehnung von demokratischen und aufklärerischen
Ideen, obrigkeitsstaatliche Orientierung und Staatsfixierung sind demnach
entscheidend für die Wirkungsmächtigkeit des Antisemitismus in Deutschland.
Der "sekundäre" Antisemitismus nach
Auschwitz
Ein wichtiger Diskussionspunkt ist auch der
gegenwärtige deutsche Antisemitismus, der ja ein Antisemitismus fast "ohne
Juden" ist. Dieser Antisemitismus ist in besonderer Weise mit dem Umgang mit
der NS-Vergangenheit verknüpft. Die Frankfurter Schule hat für diesen
Motivationskomplex den Begriff des "sekundären" Antisemitismus geprägt. Nach
Margarete Mitscherlich hat die notwendige "Durcharbeitung" der deutschen
Vergangenheit nie stattgefunden. Statt dessen wurde die NS-Zeit verleugnet,
verdrängt und derealisiert. Antisemitische Ressentiments, die oft mit
tradierten Stereotypen über die "Macht" und die "Rachsucht" der Juden
verbunden sind, entzünden sich dem entsprechend zu einem großen Teil daran,
dass "die Juden" den Holocaust nicht vergeben und vergessen können oder
wollen. Dies hat Hajo Funke am Beispiel der Bitburg-Affäre nachgewiesen.
"Die Juden" erinnern schon qua Existenz an das größte Verbrechen der
Menschheitsgeschichte, an Auschwitz, und verhindern auf diese Weise die von
vielen Deutschen erstrebte geschichtsrevisionistische "Normalisierung" der
Vergangenheit. Die Schulddynamik zwischen Tätern und Opfern ist somit
zentral für die Analyse des gegenwärtigen Antisemitismus. In einer
Abwehraggression werden die Opfer zu unversöhnlichen, rachsüchtigen
(allmächtigen, geldgierigen, ...) Tätern gemacht. Die Abwehr richet sich
gegen alles, was an lebende oder tote Juden erinnert, sei es auch nur ein
Grabstein oder Mahnmal, und geht einher mit der Restauration
nationalistischer Ideologie. Der israelische Psychoanalytiker Zwi Rix hat
dies mit folgendem Satz auf den Punkt begracht: "Auschwitz werden uns die
Deutschen nicht verzeihen".
Die Normalisierungsbestrebungen äußern sich
auch in der Relativierung oder gar Gleichsetzung von Auschwitz mit anderen
Ereignissen (etwa mit der Bombardierung Dresdens durch die Alliierten). Eine
ungebrochene Identifikation mit einer nationalen deutschen Identität ist
erst möglich, wenn sowohl der große kollektive Zusammenbruch (die
Zerschlagung des Nationalsozialismus) als auch die Scham über das deutsche
Verbrechen der Ermordung der europäischen Juden nicht mehr ins Bewusstsein
dringt. Dies gelingt jedoch erst dann, wenn Auschwitz überall verortet wird
– im Kosovo, in Palästina und anderswo. Micha Brumlik verweist in diesem
Zusammenhang auf die Ausrottungsangst von Mitgliedern der Umwelt- und
Friedensbewegung in den 80-er Jahren, die sich zum Teil als potenzielle
Opfer eines "atomaren Holocaust" sahen und auf diese Weise mit den Opfern
der nationalsozialistischen Massenvernichtung identifizierten. Es habe sich
hierbei nicht um zufällige Entgleisungen gehandelt, sondern um eine
systematisch rekonstruierbare Weltanschauung, die als Spätfolge des
Nationalsozialismus zu erklären sei. Im Mittelpunkt dieser Weltanschauung
stehe projektiver Neid. Auch von einem Teil der 68-er Studentenbewegung sind
Abwehrhaltungen bekannt, die sich etwa in der ausschließlichen Beschuldigung
der elterlichen Täter bei gleichzeitiger Selbstimmunisierung gegenüber den
deutschen Verbrechen äußerten oder in teils indirekten Gleichsetzungen von
"Völkermordverbrechen" der USA mit dem Holocaust.
Henryk M. Broder konstatiert, die deutsche
Identitätsfindung finde vorzugsweise auf dem Rücken der Juden statt – "die
Frage: 'Wie hältst du es mit den Juden?' ist die deutsche Schicksalsfrage".
Antisemitische Codes und Chiffren
Die ungebrochene Tradition antisemitischer
Stereotypen suggeriert Kontinuität, doch ist dies im
Post-Holocaust-Deutschland "nur" für die kulturelle Ebene zutreffend. Auf
der politischen Ebene ist offener Antisemitismus verpönt. Primäre und
offen-extreme Formen der Judenfeindschaft sind tabuisiert. Der
Antisemitismus tritt meist "versteckt", d.h. über tradierte
Kategorisierungs- und Sprachformen hervor und kann dabei auf teils
ungebrochene vorurteilsbegründete Alltagsdiskurse zurückgreifen. Dabei sind
solche antisemitischen Konstrukte nicht einmal von der konkreten Anwesenheit
von Juden abhängig. Das Gerücht über die Juden lebt in Anspielungen fort,
die vom Antisemiten dennoch sofort verstanden werden. Oft äußert sich der
Antisemitismus dabei codiert und chiffriert, etwa mittels Kritik an der
Politik des Staates Israel bzw. als aggressiver Antizionismus. Herbert A.
Strauss spricht in diesem Zusammenhang vom "außenpolitischen Element" des
Antisemitismus. Als agitatorische Verstatzstücke mit Stellvertreterfunktion
für den modernen Antisemitismus können einerseits Antiamerikanismus und
Antiintellektualismus fungieren (bis zum Zerfall der Sowjetunion auch der
Antikommunismus) sowie andererseits das Bild vom ("kriminellen", "faulen",
"dreckigen" etc.) Flüchtling.
Dennoch sind Xenophobie und Antisemitismus
nicht identisch, denn es ist gerade die Verbindung der Stereotype des
"minderwertigen" Gegners und des potenziellen "Herrschers", die den Juden
zum ambivalenten Objekt von Verachtung, aber eben auch Neid und Begierde
macht. Der Jude ist dem Antisemiten fremd und vertraut zugleich – und er
wird nicht nur dem eigenen, sondern den "Völkern" insgesamt entgegen
gesetzt. Insofern ist ein Zusammenhang von Antisemitismus und Nationalismus
offenkundig. Klaus Holz erachtet den Nationalismus für den modernen
Antisemitismus gar als konstitutiv, da das antisemitische Bild vom Juden
stets als Gegenbild zum Selbstbild von "Völkern" und "Nationen"
("Wir-Gruppen") entworfen werde. Die kollektive, überhöhte und
homogenisierte "nationale Identität" werde gegen das judenfeindliche
Fremdbild abgegrenzt.
Die ambivalente Projektion von Hass und
unbewussten Wünschen auf das Fremde, das zugleich so nah ist – damit lassen
sich abschließend die vielleicht wichtigsten Elemente einer politischen
Psychologie des Antisemitismus zusammenfassen. Die wirksame Bekämpfung des
Antisemitismus kann nur gelingen, wenn diese Ambivalenzen entwirrt und auf
ihre realen psychischen und gesellschaftlichen Ursachen zurückgeführt
werden.
Literatur:
Adorno, Theodor W.: Antisemitismus und
faschistische Propaganda, in: Simmel, Ernst (Hrsg.), Antisemitismus,
Frankfurt/Main 1993, S. 148-161.
Bergmann, Werner: Der Antisemitismus in der Bundesrepublik Deutschland, in:
Strauss, Herbert A. / Bergmann, Werner / Hoffmann, Christhard (Hrsg.), Der
Antisemitismus der Gegenwart, Frankfurt/Main 1990, S. 151-166.
Bergmann, Werner: Politische Psychologie des Antisemitismus. Kritischer
Literaturbericht, in: König, Helmut (Hrsg.), Politische Psychologie heute,
Opladen 1988, S. 217-234.
Brainin, Elisabeth: Psychoanalyse des Antisemitismus nach 1945, in:
Silbermann, Alphons / Schoeps, Julius H. (Hrsg.), Antisemitismus nach dem
Holocaust, Köln 1986, S. 105-113.
Broder, Henryk M.: Zweistromland Deutschland. Ende der Schonzeit – Schuld
hat der Jud, in: Weissberg-Bob, Nea (Hrsg.), "Was ich den Juden schon immer
mal sagen wollte...". Beiträge und Gespräche, Berlin 2002, S. 49-56.
Brumlik, Micha: Die Angst vor dem Vater. Judenfeindliche Tendenzen im
Umkreis neuer sozialer Bewegungen, in: Silbermann, Alphons / Schoeps, Julius
H. (Hrsg.), Antisemitismus nach dem Holocaust, Köln 1986, S. 133-162.
Claussen, Detlev: Die Banalisierung des Bösen. Über Auschwitz,
Alltagsreligion und Gesellschaftstheorie, in: Werz, Michael (Hrsg.),
Antisemitismus und Gesellschaft, Frankfurt/Main 1995, S. 13-28.
Claussen, Detlev: Grenzen der Aufklärung. Die gesellschaftliche Genese des
modernen Antisemitismus, Frankfurt/Main 1994.
Claussen, Detlev: Vom Judenhass zum Antisemitismus, in: Claussen, Detlev
(Hrsg.), Vom Judenhass zum Antisemitismus. Materialien einer verlängerten
Geschichte, Darmstadt 1987.
Diner, Dan: Negative Symbiose. Deutsche und Juden nach Auschwitz, in: Diner,
Dan (Hrsg.), Ist der Nationalsozialismus Geschichte?, Frankfurt/Main 1987.
Fenichel, Otto: Elemente einer psychoanalytischen Theorie des
Antisemitismus, in: Simmel, Ernst (Hrsg.), Antisemitismus, Frankfurt/Main
1993, S. 35-57.
Funke, Hajo: Bergen-Belsen, Bitburg, Hambach. Bericht über eine negative
Katharsis, in: Funke, Hajo (Hrsg.), Von der Gnade der geschenkten Nation.
Zur politischen Moral der Bonner Republik, Berlin 1988, S. 20-34.
Funke, Hajo: Bitburg und "die Macht der Juden". Zu einem Lehrstück
anti-jüdischen Ressentiments in Deutschland/Mai 1985, in: Silbermann,
Alphons / Schoeps, Julius H. (Hrsg.), Antisemitismus nach dem Holocaust,
Köln 1986, S. 41-52.
Grigat, Stephan: Antisemitismus und Fetischismus, URL:
http://contextxxi.mediaweb.at/texte/archiv/wuz990331.html (27.9.2002).
Holz, Klaus: Nationaler Antisemitismus. Wissenssoziologie einer
Weltanschauung, Hamburg 2001, S. 11-115.
Hopf, Christel / Hopf, Wulf: Familie, Persönlichkeit, Politik. Eine
Einführung in die politische Sozialisation, Weinheim 1997, S. 11-78.
Horkheimer, Max: Der soziologische Hintergrund des psychoanalytischen
Forschungsansatzes, in: Simmel, Ernst (Hrsg.), Antisemitismus,
Frankfurt/Main 1993, S. 23-34.
Horkheimer, Max / Adorno, Theodor W.: Elemente des Antisemitismus. Grenzen
der Aufklärung, in: Horkheimer, Max / Adorno, Theodor W., Dialektik der
Aufklärung, Frankfurt/Main 1988, S. 177-217.
Jacob, Günther: Israel ist unser Unglück, in: konkret, Heft 8 / August 2002,
S. 22-25.
Mitscherlich, Margarete: Erinnerungsarbeit. Zur Psychoanalyse der
Unfähigkeit zu trauern, Frankfurt/Main 1993, S. 7-35 u. 97-111.
Parin, Paul: Sozialpsychologie des Antisemitismus (Interview), in: Hentges,
Gudrun / Kempfert, Guy / Kühnl, Reinhard (Hrsg.), Antisemitismus. Geschichte
– Interessenstruktur – Aktualität, Heilbronn 1995, S. 84-89.
Postone, Moishe: Nationalsozialismus und Antisemitismus. Ein theoretischer
Versuch, in: Diner, Dan (Hrsg.), Zivilisationsbruch. Denken nach Auschwitz,
Frankfurt/Main 1988, S. 242-254.
Rensmann, Lars: Kritische Theorie über den Antisemitismus. Studien zu
Struktur, Erklärungspotential und Aktualität, Berlin 2001.
Strauss, Herbert A.: Einleitung – vom modernen zum neuen Antisemitismus, in:
Strauss, Herbert A. / Bergmann, Werner / Hoffmann, Christhard (Hrsg.), Der
Antisemitismus der Gegenwart, Frankfurt/Main 1990, S. 7-25.
hagalil.com 2007
|