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Antisemitische und anti-israelische Haltungen in Deutschland:
Die Strategie des gemeinen Vergleichs

Von Anat Peri, Haaretz v. 21.06.2002

Adar Primor berichtete in haArez über eine Umfrage, die der "Spiegel" durchgeführt hat, und die angeblich beweist, das "antisemitische und anti-israelische Haltungen in Deutschland nicht populär sind". Eine vorsichtige Überprüfung führt jedoch zu weniger optimistischen Schlußfolgerungen.

Das wichtigste Ergebnis der Umfrage ist, dass 25% der Befragten die Frage "Sind Sie der Meinung, dass sich das, was Israel mit den Palästinensern macht, nicht grundsätzlich von dem unterscheidet, was die Nazis den Juden im Dritten Reich angetan haben?" mit Ja beantworten. Ein Viertel der Deutschen glaubt also, dass es keinen grundlegenden Unterschied zwischen den Israelis und den Nazis gibt. Prof. Werner Bergmann vom Zentrum für Antisemitismusforschung in Berlin sagte in einem Interview mit dem "Spiegel", dies weise eher auf Mitleid als auf Antisemitismus hin und sei das Ergebnis der Lage im Nahen Osten und der Bilder im Fernsehen. Bergmann und der "Spiegel" wollen, dass wir glauben, die Deutschen könnten das Leid der Palästinenser, das sie auf den Bildschirmen sehen, nicht ertragen. Ist der Vergleich zwischen Israel und den Nazis tatsächlich das Ergebnis der Initifada?

Der Vergleich zwischen Juden und Nazis als antisemitische Strategie wurde bereits in den 80-er Jahren von Antisemitismusforschern dokumentiert, noch vor der ersten Intifada. Der Vergleich ist ein gebräuchlicher Weg in Deutschland, sich mit dem Holocaust auseinanderzusetzen, indem man die Schuld auf die Opfer der Nazis projiziert. Diese gemeine Strategie begann damit, indem man Holocaustüberlebenden - zum Beispiel Shimon Wiesenthal und Ignatz Bubis- vorwarf, mit den Nazis zusammengearbeitet zu haben. Später schloss sich die nationalistische Rechte dem Trend der neuen Linken an, die ihren Antisemitismus zum Ausdruck brachte, indem sie Israel als den "Bastard des amerikanischen Imperialismus" bezeichnete. Und antisemitische Kreise von rechts und von linkes behaupteten, Israel verhalte sich zu den Palästinensern so, wie sich die Nazis zu den Juden verhalten haben.

Die Verbreitung dieses Arguments in Deutschland ist weitaus gefährlicher als andere antisemitische Erscheinungen. Dieses Argument ermöglicht es, den Holocaust zu rechtfertigen und die radikale Rechte zu legitimieren. Der Antisemitismus, der sich auf den Vergleich zwischen Juden und Nazis stützt, wurde populär, und kürzliche Umfragen weisen darauf hin, dass es sich um eine langfristige Tendenz handelt, die den israelisch-palästinensischen Konflikt ausnützt, um die Last der Schuld am Holocaust loszuwerden.

Als schlagenden Beweis für den Rückgang des Antisemitismus bringt der "Spiegel" die Antwort auf die Frage: "Wie angenehm wäre es Ihnen, einen Juden als Nachbarn zu haben?" 20% sagten, sie empfänden es als angenehm, 79% sagten, es sei ihnen egal. Nur 1% sagte, es wäre unangenehm. Jeder Jude, der zwischen Deutschen wohnt, kennt jedoch das erschrockene Gesicht, das der Erklärung, Jude zu sein, folgt, und die begleitende Bemerkung "Das ist mir egal", die auf das Unbehagen und das Schuldgefühl hinweist, die der deutsche Durchschnittsantisemit beim Treffen mit einem Juden empfindet.

71% haben auch tatsächlich zugegeben, dass sich viele "nicht trauen, ihre echte Meinung über Juden zu sagen", eine Antwort, die uns zeigt, wie wir die Ergebnisse der Umfrage deuten sollten. Vielleicht meinen die 79%, die sagten, es sei ihnen egal, einen jüdischen Nachbarn zu haben, eigentlich, dass sie in Wirklichkeit keinen jüdischen Nachbarn wollen, sich jedoch schämen, dies zuzugeben? Diejenigen, die zugaben, es wäre ihnen unangenehm, einen jüdischen Nachbarn zu haben, sind nicht unbedingt Antisemiten des harten Schlags. Es sind altmodische Deutsche, die noch nicht gelernt haben, wie man Antisemit sein kann und dennoch gut aussieht. Wie man sagt, dass man nichts gegen jüdische Nachbarn hat, jedoch furchtbar schockiert darüber ist, was die Juden den Palästinensern antun.

Wenn es Raum für vorsichtigen Optimismus gibt, dann ist dies bei der Analyse der Haltung der Parteien. Der große Rückgang in den feindseligen Haltungen gegenüber Juden und Israel setzte im letzten Jahrzehnt in der deutschen Linken ein, bei den Befürwortern der Sozialisten, der Grünen und der Kommunisten. Ein gewisser Rückgang lässt sich auch bei den Christdemokraten feststellen. Wer sich an die große Feindseligkeit der deutschen Linken während des Golfkriegs erinnert, der kann die Bedeutung dieser Veränderung nicht ignorieren.

Ich begründe die deutliche Verbesserung der Haltung der Linken gegenüber Juden und Israel mit der beunruhigenden Stärkung der radikalen und antisemitischen Rechten in Deutschland und Österreich. Wenn der brutale Antisemitismus mit der radikalen Rechten identifiziert wird, neigen die Linke und die gemäßigte Rechte dazu, sich davon zu distanzieren. Der Kampf gegen Antisemitismus muss sich jetzt auf die Verurteilung der Vergleiche zwischen Israel und dem Dritten Reich konzentrieren, die, weil sie bei den meisten Deutschen nicht als antisemitisch gelten, immer verbreiteter werden.

hagalil.com 2007